Stadtpfarrer Johann Heinrich von Golling und die “Judenlitanei”
Über die Veranstaltung
Wie hatte sich Johann Heinrich von Golling gefreut, als er 1785 die vermeintlich einträgliche Deggendorfer Stadtpfarrei erhielt, zumal seine beiden Brüder in Deggendorf und Umgebung wohnten!
Doch bald schon häuften sich die Probleme, die nicht nur finanzieller Natur waren. Vor allem bekümmerten den für Gedanken der Aufklärung aufgeschlossenen Pfarrherrn die abergläubischen Praktiken seiner Pfarrkinder und die immer wieder auftretenden „Besessenheitsfälle“, die ein auswärtiger Priester kräftig schürte.
Hatte bereits die Kritik an diesen Missständen die Beliebtheit Gollings bei den großteils sehr konservativen Deggendorfern nicht gerade erhöht, so verscherzte er es sich mit den meisten endgültig, als er den Versuch unternahm, statt der traditionellen, diskriminierenden „Judenlitanei“ bei den „Segenmessen“ mit dem „hl. Mirakel“ eine selbst verfaßte, gemäßigte Litanei einzuführen.
Die Lage spitzte sich zu, bis Deggendorfer Bürger ihren Stadtpfarrer 1793 beim bayerischen Kurfürsten als Religionsspötter und Freigeist denunzierten. Da in jenen aufgewühlten Jahren in ganz Europa die Angst vor Umsturz und Revolution umging, ließ Kurfürst Karl Theodor sofort eine Untersuchung einleiten und den Pfarrer verhaften. Schwer bestraft und des Landes verwiesen, mußte Golling die nächsten Jahre im Exil verbringen und kämpfte bis zu seinem Tod 1802 vergeblich um eine kleine Pension.
Der Vortrag des Kirchenhistorikers und besten Kenners der „Gnad“, Univ.-Prof. Dr. Manfred Eder, zu diesem spannenden Thema ist ein weiterer Beitrag in der Vortragsreihe zur “Deggendorfer Gnad”, der 1992 vom Regensburger Bischof Manfred Müller beendeten Wallfahrt.
Nach dem Vortrag stellen wir eine druckfrische Publikation über drei Kritiker der “Deggendorfer Gnad” aus drei Jahrhunderten vor. So haben alle Besucher die Möglichkeit die Vorträge Professor Eders aus den Jahren 2014 bis 2016 in erweiterter Form gleich mit nach Hause zu nehmen.
Die Geschichte der umstrittenen Wallfahrt ist seit 1993 Thema in einer Abteilung der Dauerausstellung im Stadtmuseum.