Christine Rieck-Sonntag
Über die Veranstaltung
„Malen ist ein Abenteuer“ – für Christine Rieck-Sonntag hat dieser programmatische Satz eine zweifache Bedeutung. Ein Abenteuer bestehen heißt zum einen sich offen einlassen auf eine Erfahrung, von der man nicht weiß, wohin sie führen wird. Kennen wir die Wirklichkeit, und kennen wir uns selbst? Malend reagiert die Künstlerin auf die Herausforderungen der Außenwelt und taucht damit zugleich ein in ihre Innenwelt; sie lässt sich verwandeln, indem sie Gesehenes verwandelt. Und zum anderen ist der Prozess des Malens bei ihr selbst ein Abenteuer, dessen Verlauf sich nicht planen lässt. Das Material hat seinen Eigenwillen, der nicht mit fertigen Konzepten überwältigt werden darf: aus dem Dialog mit ihm erwachsen Form und Ausdruck.
Der Menschenleib in seiner unausschöpfbaren Expressivität ist die Grunderfahrung der Malerin und ihr immerwährendes Thema, von dem sie sich nie ganz entfernt, auch dann nicht, wenn sie in Costa Rica Urwaldbäume portraitiert. Im Menschenleib verbindet sich die Natur mit der Geschichte, die gelebte Gegenwart mit mythischer Vergangenheit – an einer Bushaltestelle in Schwarzafrika ebenso wie in den Jazzkellern New Yorks. Das Material, das die Malerin wählt, hat seine eigene Sprache: die Jutesäcke, auf die sie ihre Afrika-Bilder malte, erinnern an den Sklavenhandel, aber auch an die CARE-Lieferungen aus den USA, die sie als Kind in der Nachkriegszeit vor dem Hunger bewahrt haben.
Seit Jahrzehnten unterrichtet Christine Rieck-Sonntag Aktzeichnen an verschiedenen Akademien um weiterzugeben, was ihr die Grundlage künstlerischen Schaffens ist: genaues Sehen und Training der zeichnenden Hand, also handwerkliches Können als Voraussetzung freier expressiver Formfindung.