Eine Frau, die an einem alten Spinnrad sitzt. Eine alte Postkarte mit diesem Motiv war der Anstoß für die Werkreihe „Spin a tale, Anna“ der Künstlerin
Gloria Sogl. Die abgebildete Frau ist Sogls Großmutter Anna, die sich auf
der schottischen Insel Skye traditionelle Kulturtechniken wie Spinnen, Stricken und Weben aneignete und sie später im Skye Museum of Island Life
als touristische Attraktion vorführte. Zudem veröffentlichte sie einen autobiografischen Roman, der Textfragmente für die Arbeiten Sogls liefert. Die handwerklichen Fähigkeiten ihrer Großmutter – Spinnen, Weben und Stricken – stehen dabei für eine Lebenspraxis des Erzählens, die heutzutage immer mehr in den Hintergrund zu treten scheint.
Die Künstlerin verwebt dabei ihr Interesse an verschiedenen Materialitäten und Geschichten und führt sie über die erste Spinnmaschine, die Spinning
Jenny, zu KI-basierter Bildproduktion und lässt einen Resonanzraum zwischen individuellen Erzählungen, kollektiven Erfahrungen und algorithmischen, visuellem Output entstehen.
Gloria Sogl, geboren 1994 in München, absolvierte ein Kunststudium in Passau und Linz, sowie der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg und München. Sie erhielt mehrere Stipendien und war Teil bereits höchst erfolgreicher Ausstellungen in ganz Deutschland. Inzwischen hat sie ihr Weg an das Dutch Art Institute in den Niederlanden geführt, wo sie sich intensiv mit einer Kunstpraxis zwischen Theorie, kollektivem Denken, Forschen, Schaffen und Kuratieren auseinandersetzt. 2022 erhielt sie den Nachwuchspreis der Sparkasse Passau und 2023 den Nachwuchsförderpreis
des Landkreises Passau.
Ein besonderes Interesse verbindet Gloria Sogl mit Material und Materialität. Material scheint immer mit einer bestimmten Handlung und Kontext
verknüpft und sammelt so Inhalt und Bedeutung. Sogl lässt sich von der Materialität leiten, tritt mit ihr in einen ergebnisoffenen Dialog und lässt
diese die eigene künstlerische Handlung mitbestimmen. Die Installationen
der Künstlerin laden die Betrachtenden dazu ein, in einen inneren Dialog mit
den so gesammelten Inhalten und Bedeutungen, mit den Gegensätzen von Greifbarem und Begreifbaren zu treten.